DIE ERSTEN SECHS

ERSTKLÄSSLER

 

Der erste Schultag: Der Große Saal ist gefüllt mit Menschen. Da sind Großeltern, Geschwister, Freunde, Eltern, Lehrer und die Hauptpersonen dieses Tages: die Erstklässler.


„Der erste Schultag“



EIN NEUER LEBENSABSCHNITT

Die Kinder sind voller Freude, wollen das Schreiben, Lesen, Rechnen – und alles, was es sonst noch an Neuem, Unbekanntem gibt – in Gemeinschaft mit anderen lernen. Sie sind im wahrsten Sinne „reif für die Schule“.

Der neue Klassenlehrer ruft jedes Kind einzeln mit seinem Namen auf, schaut es an und reicht ihm die Hand zur Begrüßung. Da kann ein Kind sehr zögerlich oder mit festen Schritten auf die Bühne kommen, es schaut den Lehrer offen, eher schüchtern oder gar nicht an, die Stimme ist zart oder deutlich laut artikulierend, die Hand kalt, verschwitzt oder warm, der Händedruck fest oder zart, …

Diese Schilderung soll verdeutlichen: Das sich herantastende, einfühlende Erkennen von Individualität, Entwicklungsbegleitung und Persönlichkeitsförderung sind unser grundsätzlich pädagogisches Anliegen. Folglich ist unser Lehrplan inhaltlich und methodisch-didaktisch so ausgerichtet, dass er sich an das Lebensalter und die jeweilige Entwicklungsstufe des Kindes anpasst.

So, wie die ersten drei Lebensjahre eines Kindes durch die Begleitung und Erziehung der Eltern und der Familie einen entscheidenden Beitrag für die folgende Entwicklung darstellen, haben auch die ersten beiden Schuljahre eine prägende Bedeutung. Hier wird Lernhaltung, Freude am Tun, zielvolles Arbeiten, gemeinsames Lernen bzw. Lernen in der Gruppe, Vertrauen in Menschen (Klassenlehrer) und in die eigenen Fähigkeiten veranlagt.

Die Kinder kommen heute mit einem in Ansätzen individualisierten Bewusstsein in der Schule an. Um diesen Fähigkeiten und den damit verbundenen Aufgaben gerecht zu werden, hat der Klassenlehrer in den ersten beiden Schuljahren eine Unterrichtshelferin unterstützend an seiner Seite. Diese Unterrichtshelferin hat eine pädagogische Ausbildung mit einem anderen Schwerpunkt. Lehrer und Erzieher ergänzen sich in der Wahrnehmung des Schülers. So gehen sie auf verschiedene Bedürfnisse z.B. von ängstlichen, rasch oder langsam lernenden Schülern ein.



DIE SCHULZEIT NIMMT FAHRT AUF

Die Schüler in der dritten Klasse, die die Findungsphase der ersten beiden Schuljahre gemeistert haben, sind nun mit neuem Bewusstsein, weltoffen, wach, agil, beginnend kritisch, vielfach handwerklich tätig: Im Tun erfahren sie von den urmenschlichen Bedürfnissen und Tätigkeiten (dem Feldbau, den Behausungen und den Handwerken). Sie säen Getreide, ernten, bauen und mauern, schmieden, nähen, flechten, uvm.
Hier findet handelndes Erleben statt, eine Auseinandersetzung mit der Sache. Durch das zündende Erleben entstehen Motivation und Wille, sich ganz darin zu vertiefen, an ihr zu lernen. Einmal ergriffen, kann die Sache verstanden, geübt und vertieft werden. So kann über das Tun des Säens eine folgerichtige Beschreibung der einzelnen notwendigen Arbeitsschritte entstehen, welche nicht nur mündlich, sondern auch schriftlich formuliert wird und schließlich in der Gesamtbeschreibung „vom Korn zum selbst gebackenen Brot“ enden.
Diese Schilderung zeigt beispielhaft, wie wir den Unterricht methodisch-didaktisch so aufbauen, dass sich durch einen starken seelischen Eindruck und ursprüngliches Erleben Motivation entzünden kann und sich dann im Handeln zeigt. Dies dient der Verinnerlichung und dem Verstehen. Durch wiederholendes Üben kann dann eine Fertigkeit zur Fähigkeit reifen.



DER EPOCHENUNTERRICHT

Dieser ist ein weiteres Element unserer Pädagogik. Hier hat der Schüler die Möglichkeit sich intensiv mit einer Sache auseinander zu setzen, drei Wochen lang, täglich in den ersten zwei Schulstunden.

Bleiben wir bei den Handwerkern in der dritten Klasse: Da wird gewerkelt, gesungen, geflötet, ein Gedicht rezitiert oder szenisch dargestellt, geschrieben, gezeichnet, gemalt und mehr. Eine Sache (Lerngegenstand) wird also von allen möglichen Seiten beleuchtet und behandelt.

Jeder Schüler kann sich hier mit seinen individuellen Begabungen einbringen, nimmt aber auch die seiner Mitschüler wahr: ein besonders gelungener Aufsatz über den Besuch in der Schmiede, eine bis ins Detail genaue Zeichnung der Schmiedewerkzeuge. Hier findet Wahrnehmung und Formung von Persönlichkeit in der Auseinandersetzung mit und an der Sache – aber immer in der Gemeinschaft - statt.

So gibt es in einer Klasse mit 28 Schülern ebenso viele unterschiedliche Individualitäten. Jede Entwicklung von Persönlichkeit findet anders statt. Da ist es gut, Zeit zu haben und diesem Prozess Raum zu geben. Wir haben diesen Atem. Der Schüler kann von der ersten Klasse bis zu seinem individuellen Abschluss ohne weiteren Wechsel an einer Schule bleiben. So entsteht Vertrauen und Sicherheit. Kein Schüler bleibt „sitzen“.

Jeder wandert mit seiner altersentsprechenden Gruppe mit. Leistungen werden nicht in Noten, sondern einmal im Jahr in individuellen Beurteilungen und Berichten gewürdigt, aber darüber hinaus auch in vielen Gesprächen. Der Klassenlehrer begleitet seine Schüler über die vierte Klasse (vgl. Grundschule) hinaus bis in die Zeit der Pubertät.

Ebenso wird das differenzierte Angebot der Fördermaßnahmen, das sich am Alter der Schüler orientiert, gestaltet. In den ersten beiden Schuljahren dient das Angebot vornehmlich der Sinnes- und Bewegungsförderung, sowie der Schulung der Feinmotorik. In den kommenden Schuljahren baut es auf dieser Basis auf und widmet sich der Förderung der Fertig- und Fähigkeiten in den Fächern Deutsch und Mathematik. Der Vertiefungsunterricht Deutsch/Mathematik tritt ab der sechsten Klasse die Nachfolge an.

Hinzu kommt besonders in der Unterstufe alles künstlerische Tun, wie kleine Theaterspiele, das gemeinsame tägliche Singen, Musizieren, Sprechen von kleinen Versen und größeren Gedichten, das Vorbereiten auf kleine, regelmäßig stattfindende Aufführungen, etc.